Eine historische Fundierung der mittelalterlichen Freiheit am Beispiel der deutschen Stadt
Diese Arbeit wurde im Rahmen des Masterseminars «Die grosse Divergenz. Von der mittelalterlichen Diskursrevolution bis zur Industrialisierung» bei Prof. Dr. Bernd Roeck am historischen Seminar der Universität Zürich eingereicht.
1.
Einleitung
Wenn man nach
historischen Erklärungen für den dominanten Entwicklungspfad Europas sucht,
dann ist die mittelalterliche Stadt unweit. Sie wurde zum Schauplatz eines
schrankenlosen Fortschrittstrebens in Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Alte
feudale Strukturen wurden abgestreift, Tyrannei und Unterjochung durch
unabhängige Gerichte und Mitbestimmung schrittweise abgelöst. Kein Wunder also,
wandten sich viele Bauern und andere Unfreie, aber auch Teile des Adels vom
Lande ab und suchten ihr Glück in den Städten. Eine fast schon kitschige
Beschreibung Nürnbergs liefert der italienische
Humanist und Kardinal von Siena, Aeneas Silvius de Piccolominibus. In der
»Germania« (1457/58) brachte er seine Begeisterung für die Reichsstadt mit
folgenden Worten zum Ausdruck:
«Was für einen Anblick
bietet diese Stadt! Welcher Glanz, welch liebliche Lage, welche Schönheiten,
welche Kultur, welch vortreffliches Regiment! Was könnte man an ihr vermissen,
was sie zu einer in jeder Beziehung vollkommenen Bürgergemeinde macht? Wenn man
aus Unterfranken kommt und von Ferne die Stadt sieht, welche Großartigkeit,
welche Schönheit bietet sich da schon dem Blick von außen! Und im Innern dann,
welche Sauberkeit der Straßen, welche Eleganz der Häuser! Was gibt es
Herrlicheres als die Kirche des hl. Sebaldus, was Prächtigeres als die Kirche
des hl. Laurentius, was Stolzeres und Festeres als die Königsburg, was
Bewunderungswerteres als den Graben und die Stadtmauern! Wie viele Bürgerhäuser
kann man dort finden, die für Könige geeignet wären!»[1]
Dem Glanz
seiner Worte entsprach die Realität selbstverständlich nicht. Eine
wirklichkeitsgetreuere Schilderung würde von schmutzigen Plätzen und vom fürchterlichem
Gestank herumliegenden Kots und anderen Abfällen oder vom ätzenden Rauch, der
die Stadt in sich hüllte, berichten. In den Gassen war es ausserdem laut: da
ein hämmernder Schmiede, dort ein lautstark um Kundschaft buhlender Händler.
Darüber hinaus suchten Krankheiten, Seuchen und schwere Hungersnöte in unregelmässigen
Abständen die Bevölkerung heim. – Auch wenn das Stadtleben viele Vorzüge mit
sich brachte und ein vielfältiges Angebot an Ergötzlichem bot: Der Lebensalltag
war für die meisten Anwohner hart und die Sterblichkeit war in der Stadt höher
als auf dem Lande. Auch deshalb war die Stadt stets auf Zuzüger angewiesen.[2]
Um die Stadt und ihre entwicklungsgeschichtliche
Bedeutung für den Aufbruch Europas soll es auch in dieser Arbeit gehen. Dabei
wird die Stadtentwicklung unter dem Gesichtspunkt des Zusammenwirkens von
Freiheit und Recht beleuchtet: In welchem historischen Zusammenhang standen
Stadt und Freiheit? An welche gesellschaftlichen und historischen Prozesse war
die Freiheitsentwicklung gebunden? Wem war welche Form der Freiheit beschieden
und wer war »unfrei«? Wie wurde »Freiheit« rechtlich gefasst?
Die These ist, dass
die Stadtentwicklung eng an das wachsende Freiheitsbedürfnis der Menschen jener
Zeit korreliert war. Ohne die Gewährung von Freiräumen im
stadtgesellschaftlichen Gefüge, ohne die Lockerung grundherrschaftlicher
Beziehungen und ohne die Heranbildung einer selbstbewussten, vorwiegend
berufsständisch organisierten und autonomiestrebenden Bürgerschicht, hätten wesentliche
Voraussetzungen für das Aufblühen des europäischen Städtewesens weitgehend gefehlt.
Es ist explizit nicht
das Ziel der Arbeit, den mittelalterlichen Freiheitsbegriff (oder
Freiheitsbegriffe) in einer grösseren Zeit- oder Ideengeschichte zu verorten.
Ein solcher Versuch wäre vermutlich sowieso zum Scheitern verurteilt, weil
mittelalterliche Urkunden mit Freiheitsbezügen in den meisten Fällen von
erlauchten Gelehrten mit einer nicht immer klaren Absicht verfasst wurden. Diese
Schriftquellen als Grundlage für den mittelalterlichen Freiheitsbegriff zu
nehmen, würde folglich keinen authentischen Bezug zur Lebenswirklichkeit der
meisten Menschen jener Zeit zulassen. Um eruieren zu können, was Freiheit ganz
konkret bedeutete und an welche Bedingungen sie geknüpft war, ist eine
Bezugnahme auf die Lebensverhältnisse, Gesellschaftsbeziehungen,
Herrschaftsstrukturen und Wirtschaftsbedingungen unausweichlich. Erst dann
vermittelt sich einen wirklichkeitsgetreuen Eindruck über die Freiheitsmöglichkeiten
im zeithistorischen Kontext.
Kurz zum Stand der
Forschung. Die bisherige Forschungsliteratur hat sich dem Phänomen der
mittelalterlichen Freiheit im Wesentlichen aus zwei Richtungen angenähert. Eine
erste Richtung legt den Fokus auf die Freiheit als Abstraktum, bewegt sich
analytisch also auf der Ebene der Philosophie und Rechtstheorie. Hierzu zählt
sich u.a. der Sammelband von Johannes Fried zum Wirkungszusammenhang von
Freiheitsidee und Freiheitswirklichkeit in vergleichender Perspektive; mit
äusserst wertvollen Beiträgen von Bernhard Diestelkamp, František Graus und Hagen Keller. Ferner das ebenfalls als Sammelband
erschienene Werk von Kurt Andermann und Gabriel Zeilinger über die
Möglichkeiten und Grenzen der Freiheit in hoch- und spätmittelalterlichen
Städten Südwestdeutschlands. Eine dezidiert rechtstheoretisch und -praktische
Einschlagsrichtung wählte Eberhard Isenmann, indem er die verfassungs- und
rechtsschöpferische Leistung der deutschen Städte zum Hauptgegenstand seiner
Betrachtungen machte. Einen sehr ähnlichen Zugang wählte Carl Haase mit seiner
Monografie zu Recht und Verfassung in der deutschen Stadt des Mittelalters.
Einen soziologisch und
sozialhistorisch geprägten Zugriff wählte Hartmut Boockmann. Er interessierte
sich für die vom Verstädterungsprozess ausgehende Gleichstellungswirkung und fragte
nach der Bedeutung und Leistung des Bürgerrechts für die Entwicklung. In dieselbe
Kategorie reiht sich auch das Werk von Dagmar Klose und Marco Ladewig. Sie
analysierten die unterschiedlichen Stadtgruppierungen, insbesondere die
sogenannten Schwurgemeinschaften und konnten aufzeigen, wie stark die
identitäts- und gemeindebildende Wirkung dieser standesübergreifenden,
innerstädtischen Zusammenschlüsse gewesen ist. Otto Clavadetscher zeigte in
seinem kurzen Essay in der Schweizerischen
Zeitschrift für Geschichte zudem auf, dass nicht nur die Städte selbst
immer mehr Autonomie von Ständen und Reich einforderten, sondern die
Stadtbewohner ihrerseits in zunehmendem Masse auch von der Stadtobrigkeit. Es
wurde nicht nur eine rechtliche Besserstellung gefordert, sondern darüber
hinaus, vor allem in einer späteren Phase, auf politischen
Mitbestimmungsrechten gepocht. Edith Ennen schliesslich hat in ihrer Monografie
zur europäischen Stadt des Mittelalters ebenfalls die Bedeutung der städtischen
Genossenschaften hervorgehoben. Das freiheitliche und weitgehend egalitäre
Stadtrecht sei ein zentrales Verdienst der zahlreichen Schwurverbänden. Ohne sie
hätte sich kein postfeudales Bürgertum herausbilden können, so die Kernthese der
Autorin.
Die Arbeit gliedert
sich in fünf inhaltliche Kapitel und versucht dabei die zeitliche Abfolge der
historischen Ereignisse möglichst zu berücksichtigen. Das Kapitel 2 bietet
einen groben Überblick über die agrarisch-feudal dominierte Sattelzeit zwischen
Spätantike und Frühmittelalter, von der aus die ersten Freiheitsforderungen in
die neue Epoche schallten. Im dritten Kapitel wird ein Blick auf das Institut
der Zensualität geworfen – eine zentrale Novität im Übergang von der Hörigkeit
zu frühmittelalterlichen Formen der Freiheit. Kapitel 4 versucht nachvollziehbar
zu machen, weshalb in Anlehnung an den Ausspruch «Stadtluft macht frei» von der
Stadt eine derart starke Sogwirkung ausging. Das fünfte Kapitel diskutiert die
Grenzen der Stadtfreiheit und im Kapitel 6 wird zum Schluss auf den Prozess der
Kommunenbildung eingegangen, der nicht nur die mentale Grundlage für ein neues
städtisches Selbstbewusstsein schuf, sondern darüber hinaus auch den Grundstein
für eine gesellschaftliche Umstrukturierung legte.
2.
Das eng gewordene Korsett der Grundherrschaft
Wenn das Wort »Freiheit«
fällt, dann werden damit automatisch und unweigerlich Assoziationen mit
gegenwärtigen Freiheitsvorstellungen wach. Seien es »positive« Vorstellungen
der Willensfreiheit im Sinne eines universal-egalitären Grundrechts oder »negative«
Freiheiten als Rechtsgarantien vor staatlicher Willkür. Zwar stehen
Freiheitskonzeptionen der Gegenwart in einem gewissen geschichtlichen
Zusammenhang zu den vorausgehenden, lassen sich jedoch keineswegs vorbehaltslos
in ein harmonisches Kontinuum früherer Vorstellungen und Ausprägungen von
Freiheit einreihen. Grund dafür ist, dass Begriffsvorstellungen stets von ganz
spezifischen historischen und sozialen Bedingungen geprägt werden. Dazwischen
liegen Brüche, Widersprüchlichkeiten, Ausnahmen und Sonderentwicklungen. Daraus
folgt eine generelle Erklärungswürdigkeit historischer Begriffe, wie in diesem
Zusammenhang jenem der Freiheit.
In der Spätantike
waren die herrschaftlichen Verhältnisse auf Land und Stadt nur unwesentlich
verschieden voneinander: Auf der tonangebenden Seite der Gesellschaft standen
die mit Sonderrechten ausgestatten Angehörigen des Adels und des Klerus. Auf
der anderen Seite rechtlose Gruppen wie Juden oder die der servitus unterstehenden Leibeigenen. Dazwischen versammelte sich eine
grosse Gruppe bestehend aus »Freien« und »Unfreien«, wobei es auch dort wiederum
zahlreiche Abstufungen gab.[3]
Faktisch waren alle nicht
dem Adel oder Klerus zugehörigen Menschen in den Rechtsverband einer sogenannte
»familia« eingebunden. Damit
unterstanden sie dem direkten Regiment eines kirchlichen oder weltlichen
Schutzherrn beziehungsweise Lehnsmannes, waren örtlich und rechtlich an ihn
gebunden und hatten für die Nutzung agrarischer Flächen horrende Naturalabgaben
und Fronden zu leisten. In der Regel hatte man als Höriger keine Perspektiven
auf sozialen oder wirtschaftlichen Aufstieg. Die Unterjochung betraf sämtliche
Lebensbereiche.
Dieses Widerfahrnis
der aus heutiger Sicht schlagenden Ungerechtigkeit war für viele der damaligen
Menschen nichts Aussergewöhnliches. Der christliche Ordo-Gedanke, nach dem die
Menschheitsschöpfung ein in sich abgestuftes Ganzes bildet innerhalb dessen der
Niedere dem Höheren zuzudienen hat, spielte den altständisch-hierarchischen Herrschafts-verhältnissen
im Sinne einer »gottgewollten Ordnung« auf legitimierende Weise zu.[4]
Damit manövrierte sich die Kirche jedoch unweigerlich in einen Widerspruch, der
auch für die Menschen jener Zeit wahrnehmbar gewesen sein muss. Denn ist in der
Bibel nicht auch die Rede von der »imago
dei« – der Vorstellung von der Gleichheit vor Gott?
In der Heiligen
Schrift heisst es, dass alle Menschenkinder Nachkommen von Adam und Eva seien,
die nach der Vertreibung aus dem Paradies ihr Überleben als Bauern sicherten.
Diese Fiktion war der Ursprung des Entwurfs einer ständelosen Gesellschaft und
wurde in späteren Zeiten in eine fundamentale Adelskritik umgemünzt.[5]
Entsprechend waren die Scholastiker jener Zeit dem Eigeninteresse folgend darum
bemüht, nach Bibelstellen zu suchen, die entweder den Gegensatz zwischen den
Menschen relativieren oder in denen die Lehre von den drei Ständen begründet
wurde.[6]
Doch im Laufe der Zeit
wandelten sich die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Die
hofrechtlich auferlegten Bürden wurden erdrückend und allmählich als eine
Zumutung empfunden. Nicht zuletzt deshalb, weil sich die realen Lebensumstände
vielfach verschlechterten und die Abgaben gleichzeitig erhöht wurden. Die
Ausbeutungsverhältnisse lösten nicht nur weitum ein Unbehagen aus, sondern
wurden zunehmend auch als eine Erniedrigung empfunden – unabhängig davon, ob
die Verpflichtungen existenzbedrohend waren oder nicht.[7]
Auch viele
althergebrachte Regeln schienen irgendwie nicht mehr dem Stand der Zeit zu
entsprechen. So zum Beispiel der Zweikampf oder das Gottesurteil zur Lösung von
Streitigkeiten. In einer Zeit, in der das Handelsgeschäft aufblühte, nahmen die
Kaufmänner in Zahl und an Bedeutung zu. Es wäre schlicht nicht praktikabel und
angemessen gewesen, sämtliche Auseinandersetzungen auf diesem blutigen mitunter
auch tödlich endenden Weg zu lösen. Stadtweise hatte man deshalb Kaufleute
durch ein Privileg von dieser »Streitschlich-tungspraxis« ausgenommen. Den
Kaufleuten gleich wurden nach und nach auch andere Bevölkerungsgruppen und
Berufsstände mit speziellen Sonderrechten ausgestattet.[8]
Die individuellen
Statusverbesserungen in Form von rechtlichen Privilegien bahnten den Weg für
einen grösseren Freiheitsprozess; war in seiner Anfangsphase jedoch nur bereits
privilegierten Personengruppen beschieden. Dabei ist hervorzuheben, dass mit »Freiheit«
mitnichten eine freie Verfügungsmacht gemeint war, sondern einen zeitlich und
örtlich begrenzten Zugewinn an Autonomie. Ausserdem waren die
Statusveränderungen immer Einzelakte und bezogen sich auf das leibrechtliche
Band zwischen Herrn und Hörigem, seltener auf konkret benannte Personengruppen.
Solche Privilegien bestanden beispielsweise im Rodungsrecht, Marktrecht, im
Recht zum Fischfang oder auch in der Befreiung von gewissen Zollabgaben. Die
Freiheit eines Stadtbewohners spiegelte sich in der Summe seiner Einzelrechte.[9]
Damit unterscheidet
sich der mittelalterliche Freiheitsbegriff ganz wesentlich vom heutigen.
Gegenwärtige Freiheitsvorstellungen rekurrieren auf Postulate von Denkern der
Aufklärung wie Immanuel Kant, John Locke oder John Stuart Mill. Sie hoben das
Individuum aus der Gesellschaft und charakterisierten es als als ein
selbstbestimmtes Wesen mit freiem Willen. Diese Denktradition dominiert auch
noch heutige Freiheitsvorstellungen und lässt sich begrifflich unter »Selbstverwirklichung«
fassen, also die Möglichkeit, seinen Beruf, die Religion oder die eigene
Lebensform aus freien Stück wählen zu können. Mit dieser individualistischen
Freiheitsauffassung hat die mittelalterliche Freiheit indes nichts gemein. Das
Mittelalter war ein Zeitalter der Herrschaftsgebundenheit – jeder war
personenrechtlich an irgendeinen Herrscher gebunden. Spielräume zur
Selbstverwirklichung gab es, wenn überhaupt, nur in einem streng limitierten
Rahmen. Die familiäre Herkunft gab vor, wer man, was man war und welche
Stellung man innerhalb der Gesellschaft einnahm. Im Frühmittelalter war
überdies die Leibeigenschaft noch weit verbreitet, wodurch Betroffene nicht mal
rechtsfähig waren und sich statusmässig irgendwo im Warenbereich bewegten. Wer also
über welche Rechte verfügte und wie weit sie gingen, lag im Ermessen des
jeweiligen Herrschers. Es gab keine kohärenten Rechtssysteme in einem
überterritorialen Sinne, sondern einen Flickenteppich an unterschiedlichen
Herrschaftsrechten. Das schliesst Freiheit nicht per se aus, zeigt aber auf, dass man sie in Bezug auf das
Mittelalter nicht als eine feststehende Grösse begreifen darf. Freiheit war
dort möglich, wo sie rechtlich in Form von Privilegien gewährt oder als
Kollektiv wider die Herrschaft erstritten wurde, doch mehr dazu im
nachfolgenden Kapitel.
3.
Die Zensualität als Ventil der Freiheit ab dem 11. Jahrhundert
Neben den Kaisern,
Königen und Stadtherren traten die Stadtbewohner auch selbst energisch für die
Verbesserung ihrer Rechts- und Lebenslage ein. Verschiedentlich gerieten die
stadtbürgerlichen Bedürfnisse in einen unlösbaren Widerspruch mit den
Machtinteressen des Stadtherrn. Mancherorts führte dies zu Verschwörungen der
Bürgerschaft gegen die Stadtherrschaft.[10]
Doch es gab noch eine
friedvollere Zwischenform auf dem Weg zur Freiheit, der über das sogenannte
Zensualenrecht führte und besonders für Hörige auf dem Land eine verlockende Aufstiegsopportunität
darstellte. Zensualen oder Zinser waren Personen, die einer kirchlichen
Institution zur Nutzung eines Zinsguts alljährlich einen festen Kopfzins
entrichteten.[11]
Hinzu kam eine Heiratsgebühr sowie Todfallabgaben. Den Eintritt in den
gehobenen Status des Zensualen konnte man sich erkaufen und war erblich – galt
auch für nachkommende Generationen. Im Gegenzug wurde man persönlich frei,
musste keine Frondienste mehr leisten, konnte frei über den Wohnsitz verfügen
und erlangte in Erb- und Ehefragen weitgehende Autonomie. Gleichwohl war man
dem Patronat eines Geistlichen unterstellt und befand sich damit in einem
gelockerten, grundrechtsähnlichen Abhängigkeitsverhältnis.[12]
Es ist wichtig zu
verstehen, dass während keines Zeitpunkts im Mittelalter ein einheitliches
Rechtssystem herrschte und auch die in Form von Privilegien und Rechtsgarantien
zugebilligten Freiheiten lokal stark variierten. Vielmehr gebietet sich die
Vorstellung der Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Rechtssysteme, die sich
ihrerseits aus unterschiedlichen und sich teilweise überlagernden
Rechtsverbänden zusammensetzen. Gerade die Stadtgemeinschaft kennzeichnete sich
durch eine sehr ausgeprägte ständische Durchmischung. Angehörige der städtischen
Unterschicht waren oftmals noch rechtlich und statusmässig an ihre »alten
Herren« gebunden, sodass auswärtige Rechtsgemeinschaften teilweise bis in die
Städte hineinragten.[13] In nuce: Die soziale Struktur der
mittelalterlichen Stadt war äusserst vielschichtig und komplex, umfasste heute
nur noch schwer greifbare Rechtsstellungen, die mit keinem eindeutigen
Freiheits- oder Unfreiheitsstatus korrespondierten.
Die Autonomie des
Stadtherrn und damit auch dessen Möglichkeiten zur Stadtgestaltung standen in
einem antizyklischen Verhältnis zur königlichen Macht. Je mehr Macht der herrschende
König innehatte, desto stärker nahm dieser die Städte unter seine Fittiche.
Schwächelte seine Macht, so flackerte die Städtefreiheit vorübergehend auf.[14]
Trotzdem hatte der König stets ein genuines Interesse daran, es mit seinen
Lehnsleuten nicht zu verscherzen, da er im Kriegsfall auf deren bedingungslose
Unterstützung angewiesen war. Daraus ergab sich eine relativ grosse Fülle an
Macht und Autonomie für die Stadtherren. Diesen Handlungsspielraum konnten sie
einerseits dazu nutzen, die Stadtentwicklung in eine verträgliche Balance
zwischen ihren ureigenen Profitabsichten und den Bedürfnissen ihrer
Stadtbevölkerung zu finden. Andererseits erlaubte es ihnen, relativ rasch auf
Veränderungen jeglicher Art zu reagieren. Dieses hohe Mass an Rechts- und
Gestaltungsfreiheit war ein Charakteristikum der mittelalterlichen Stadt und
kontrastierte stark mit den Rechtsverhältnissen in ländlichen Gebieten, in
denen feudalherrschaftliche Strukturen fortwährten.
Die Wirkung der
Zensualität auf die mittelalterliche Gesellschaft kann kaum überschätzt werden.
Sie hat das soziale Gefüge wie wohl keine andere Rechtsinstitution umgepflügt. Dabei
ist zu erwähnen, dass ihre Entfaltung eng mit dem Aufschwung des Handels und
des Gewerbes verbunden ist und nicht zuletzt auch mit der aufkommenden
Geldwirtschaft.[15]
Die Öffnung der Märkte in den Grundherrschaften eröffnete auch Grundhörigen die
Möglichkeit, sich einen gewissen Wohlstand zu erwirtschaften. Mit den
Ersparnissen konnten sie sich in die Zensualität freikaufen – waren fortan also
nicht mehr schollengebunden. Das war ihr Eintrittsticket in die Stadt, wo
Aussichten auf schnellen Reichtum und sozialen Aufstieg lockten. Das
Zusammenwirken von der dazugewonnenen Mobilität der ländlichen Bevölkerung und
Aussichten auf schnellen Aufstieg in der Stadt mündete in die Landflucht, die
sich vor allem im späten Mittelalter zu einem ein Massenphänomen steigerte.
Eine weitere folgenreiche
Lockerung der mittelalterlichen Grundherrschaft stellt die
Kollektivprivilegierung dar. In diesem Zusammenhang besonders hervorzuheben
sind die Privilegien Heinrichs V. für die Städte Worms und Speyer von 1111 und
1114, die durch ihren grundsätzlichen Charakter als Marksteine einer grösseren
Freiheitsentwicklung anzusehen sind. In der Speyer-Urkunde von 1111 befreite er
die Einwohner vom sogenannten »Buteil« als eine besonders drastische Form einer
Todfallabgabe, bei der Ehepartner aus zwei unterschiedlichen familiae beim Tode des Ehemanns zwei
Drittel der hinterlassenen Liegenschaften an den Grundherrn abzugeben hatten.
Die Todfallabgabe des »Mortuarium« (auch »Besthaupt« genannt, meint das beste
Stück aus dem beweglichen Nachlass: das beste Rind, wertvolle Waffen oder
andere besondere Wertstücke) indes blieb bestehen. 1114 verbot der Kaiser auf
Klagen der Bewohner von Worms hin die erzwungene Ehescheidung höriger Bürger
durch den Vogt, und legte dadurch den Grundstein für die Ehefreiheit. Zudem
befreite er sie von jeglicher Todfallabgabe.
Bemerkenswert daran
ist, dass in Speyer und Worms erstmals überhaupt das ganze Kollektiv auf
unbestimmte Zeit Empfänger eines kaiserlichen Privilegs wurde. Das
Kollektivprivileg stellt eine gänzliche neue Rechtsform dar und indiziert eine
neue rechtliche Qualität von Freiheit. Nur wenig später vollzogen die Herren
anderer Städte ähnliche Formen der Kollektivprivilegierung.[16]
4.
Die Stadt als Freiheitsportal für Zuzüger
In der Folge
entwickelte sich die Stadt zu einer «[…] Insel stadtbürgerlicher Freiheit und Gleichheit inmitten
einer herrschaftlich geordneten, auf Bindung und Ungleichheit ausgerichteten
agrarisch-feudalen Umwelt, die weithin unbefriedet bleibt […].»[17]
Das freie Stadtleben war so etwas wie der »American Dream« des Mittelalters. Die ausserordentliche
Attraktivität hält keine monokausalen Erklärungen bereit, sondern ist als
Ergebnis einer Vielzahl von Bedingungen und Wandlungen, die in einem inneren
Zusammenhang stehen und in ihrer Gesamtwirkung zur Aufwertung der Stadt führten,
zu verstehen. Das Aufblühen der arbeitsteiligen Stadtökonomie war ein ganz
wichtiger »Pull-Faktor«. Menschen migrieren an Orte, wo es Arbeit gibt und wo
diese mit einer Steigerung der individuellen Wohlfahrt korrespondiert. Das war
damals nicht anders als heute. Daneben spielten auch rechtliche Aspekte eine gewichtige
Rolle: Einerseits die Möglichkeit, sich aus alten hofrechtlichen Bindungen
herauszulösen und andererseits Rechtsverhältnisse, die einen vor Willkür
schützten und das Wirtschaftsleben auf eine förderliche Weise regulierten
(indem etwa die Rechtssicherheit erhöht wurde). Zwei ganz zentrale Freiheiten,
die nur in Städten gewährt wurden, waren das freie Ehe- und Erbrecht. Vorher
wurden Ehen zwischen standesungleichen Einwohnern (»Missheirat«) entweder
wieder getrennt oder nach dem Grundsatz »Das Kind folgt der ärgeren Hand«
sanktioniert. Auch das freie Erbrecht stellte eine wegweisende Neuerung dar.
Dadurch, dass kein Leibherr mehr in das Familienerbe eingreifen konnte, wurde
eine Kapitalansammlung über mehrere Generationen möglich. Die freie Disposition
über dieses angehäufte Vermögen diente als Startkapital für Betriebsgründungen und
verhalf in einigen Fällen gar zu einem Karrieresprung ins einträgliche Kaufmannsgeschäft.[18]
Nicht zuletzt lockte die Stadt mit sozialen Aufstiegschancen. Die Möglichkeit,
sich aus alten Hörigkeitsverhältnissen zu lösen und sich in der städtischen
Kommune nach Fähigkeiten und Interessen beruflich und individuell zu
verwirklichen (natürlich auf die mittelalterlichen Freiheitsmöglichkeiten
gemünzt und nicht in einem absoluten Sinne).
Die Sogwirkung der Stadt brachte jedoch auch
Probleme mit sich, da der Rückruf von Entlaufenen in die Hörigkeit oder
Knechtschaft den Grunderwerb, Besitztümer sowie gesellschaftliche Verträge und
Verpflichtungen infrage gestellt und damit ein hohe Mass an rechtlicher
Unsicherheit induziert hätten. Zudem war die Wahrung des Stadtfriedens eines
der vordringlichsten Ziele der Stadtgemeinschaft und zugleich die höchste
Bürgerpflicht.[19]
Streitigkeiten mit den Herren entlaufener Höriger haben diesen ernsthaft
gefährdet. Entweder, weil die Grundherren einen Trupp in die Stadt entsandten,
um dem Läufling in Eigenjustiz habhaft zu werden. Oder weil die Grundherren den
Klageweg gegen die Stadt beschritten. So geschehen in der Stadt Köpenick. Der
Stadt wurde der Prozess gemacht, weil sie sich weigerte, einen entlaufenen
Bauern herauszugeben. Der Markgraf zwang die Stadt nicht nur zur Herausgabe des
Hörigen, sondern verdonnerte sie darüber hinaus zu einer Geldstrafe.[20]
Aus diesen Gründen wurde eine die Klärung dieser schwammigen Rechtslage
unausweichlich.
Schliesslich setzte sich zwischen dem 11.
Und 12. Jahrhundert der Rechtsgrundsatz «Stadtluft macht frei nach Jahr und Tag»
in mehreren für die Entwicklung massgebenden Städten durch, wobei auch hier
wieder viele abweichende Variationen anzutreffen waren.[21]
Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass es sich hierbei um eine ex post formulierte Sentenz aus der
Neuzeit handelt – die Literatur verortet ihre Schöpfung im 19. Jahrhundert.[22]
Das dadurch zum Ausdruck gebrachte Prinzip indes findet sich in diversen
Handfesten bereits im hohen Mittelalter.
Eine der ersten urkundlichen Nennungen dieses
neuen Rechtsprinzips findet sich in der »Charte von Lorris« Art. 18 aus dem
frühen 12. Jahrhundert, wo es sinngemäss heisst: «Wer binnen Jahr und Tag
unangefochten in der Stadt wohnt, kann weiter frei und ungestört darin
bleiben».[23] Der
Essenz nach bedeutete der neue Grundsatz, dass Neuankömmlinge nach Ablauf der
Jahresfrist einer Freiheitsvermutung unterstellt wurden. Konkret war es eine
prozessrechtliche Umkehrung der Beweisführung: Der auswärtige Zuzüger musste
fortan nicht mehr seine Freiheit beweisen, sondern die Beweislast wurde dem
Kläger (also dem Grundherrn, dem Gutsherrn oder deren Rechtsvertretung)
auferlegt. Es herrschte eine Vermutung für die Freiheit des Beklagten, deren
Widerlegung Sache des Klägers wurde und binnen eines Jahres zu erbringen war.[24]
Der deutsche Historiker und Archivar Carl Haase brachte die Rechtsformel mit
folgenden Worten auf den Punkt:
«Stadtluft
macht frei,
weil Siedlung befreit; sie macht
frei, indem sie das Siegel unter den Ausschluß [sic!] des Herrenrechtes,
die Selbstbefreiung des Unfreien drückt; sie macht frei von privater Abhängigkeit und begründet die Unterstellung
unter die öffentliche Gewalt des Stadtherren, später die Einreihung in die
autonome Stadtgemeinde.»[25]
Auch den Stadtherren
selbst lag viel an der Freiheit ihrer Stadtbewohner. Erstens, weil die
Stadtverteidigung als eine unmittelbare Pflicht nur freien Stadtbürgern
anvertraut werden konnte und zweitens, weil der Neuzuzüger so keine neuen
Hörigkeitsverhältnisse mehr eingehen und sich so etwa dem Stadtpatriziat in
einer Rebellion gegen den Stadtherren anschliessen konnte.[26]
Insofern hatte der Stadtherr ein veritables machtpolitisches Interesse an einer
möglichst breiten Bürgerschicht und war entsprechend darum bemüht, die Hürden
für den Eintritt in den Bürgerstand möglichst tief zu halten. Der
Rechtsgrundsatz der freimachenden Stadtluft kann und muss als eine solche
erleichternde Massnahme gesehen werden, zumal dieser Regimewechsel ohne
Zustimmung des Stadtherrn nicht denkbar gewesen wäre.
5.
Grenzen der Stadtfreiheit
Obschon in greifbarer
Nähe, blieb das Leben in Freiheit für viele Zugezogene eine ungestillte
Sehnsucht. Denn der neue Rechtsgrundsatz der freimachenden Stadtluft war
beileibe keine Freiheitsgarantie. Von der Verjährung der Ansprüche des alten
Herrn nach Jahr und Tag ist nirgendwo die Rede. Viel mehr ging es darum, die
oft mit Gewaltausübung verbundene Selbsthilfe der nacheilenden Herren durch die
Verweisung an das neu geschaffene Rechtsverfahren im Interesse des Stadt- und
Landfriedens zu bändigen.[27]
De
facto schafften grosse Teile der
Zuzügerschaft den Sprung aus der Unabhängigkeit nicht. Von alten Hörigkeitsverhältnissen
und hofrechtlichen Bindungen schlitterten sie in neue und wurden Teil der
städtischen Unterschicht. Es finden sich auch zahlreiche Beispiele von Städten,
in denen der Rechtsgrundsatz nicht den Weg in die Freiheit ebnete, sondern dazu
führte, fortan allein dem Stadtherrn zu dienen oder ihm Abgaben zu zahlen.[28]
Zudem bedeutete der
städtische Wohnsitz nicht zwangsläufig, dass man dem gehobenen und
privilegierten Kreis des Stadtbürgertums angehörte. Der mittelalterliche
Begriff des »Bürgers« unterscheidet sich ohnehin in ganz wesentlichen Punkten
vom heutigen. Während der Begriff heute die Zugehörigkeit zu einem Staat ausdrückt,
war es im Mittelalter bis zur Neuzeit ein gehobener Rechtsstatus innerhalb der
Stadtkommune[29]:
«Bürger: das ist ein Rechtsbegriff und nicht die Bezeichnung eines Menschen,
der in der Stadt lebt.»[30]
In einem weiteren
wesentlichen Punkt unterscheiden sich die Begriffe: In den meisten Staaten ist
die Staatsbürgerschaft nicht käuflich zu erwerben, während dies im Mittelalter
den Regelfall darstellte. Entweder man wurde in den Bürgerstand hineingeboren oder
man konnte sich gegen teilweise beträchtliche und stetig ansteigende Geldsummen
einkaufen. Zudem musste man über einen städtischen Grundbesitz verfügen
(wodurch man grundsteuerpflichtig wurde) und den Lebensmittelpunkt innerhalb
der Stadtmauern haben. Ausnahmen davon bildeten das Pfahl- und das
Ausbürgertum, die es auch gehobenen Personenkreisen ausserhalb der städtischen
Gemäuer ermöglichten, in den Genuss des Bürgerrechts zu kommen und uneingeschränkt
am städtischen Leben teilzunehmen. Wer den Bürgereid als symbolischer Akt der
Aufnahme in den Bürgerstand geschworen hatte, nahm damit auch ein ganzes Bündel
von Pflichten in Form von Wacht- und Wehrdiensten, gemeintätigen Arbeiten und
vieles mehr auf sich.
Der Erwerb des
Bürgerrechts als Voraussetzung für Nutzniessung der begehrten Freiheitsrechte
war damit an eine Vielzahl von Bedingungen geknüpft und stand faktisch nur
einem gut situierten Personenkreis offen. Tagelöhner, Mägde, Knechte, Gesellen,
unehelich Geborene, Henker, Totengräber, Bettler, Juden, fahrendes Volk und
viele andere Angehörige der anteilsmässig grossen Unterschicht hatten so gut
wie keine Perspektive auf die Erlangung des Bürgerrechts und hatten auch sonst
wenig zu sagen.
Trotzdem ist es als
eine enorme Integrationsleistung der mittelalterlichen Stadt zu werten, dass es
ihr gelang, eine sozial enorm diversifizierte Bewohnerschaft auf relativ engem
Raum und allen Standesunterschieden zum Trotz zusammenzubringen und
zusammenzuhalten. Dies notabene in einer Zeit, in der man sich gemeinhin stark
über seine Standeszugehörigkeit definierte und niederen Ständen mit einem
gewissen Dünkel begegnete. Ohne den Markt als Brennpunkt des städtischen und
gewerblichen Lebens hätte die Stadt wohl kaum eine derartige Integrationskraft entfalten
können. Das Abhängigsein voneinander nicht nur in wirtschaftlichen Belangen,
sondern auch was die Stadtverteidigung anbetrifft sowie auch gemeinsame
(teilweise gegen den Stadtherrn gerichtete) Interessen, haben das Gefühl der
Gemeinschaftlichkeit, Zusammengehörigkeit und Schicksalsverbundenheit gestärkt.
Ein weiterer
Einschnitt in die Städtefreiheit ergab sich durch die städtefreundliche Politik
von König Heinrich VII. Mit dem Rechtsspruch von 1224,[31] in
welchem er die Beweislast für die Rückforderung entlaufener Bauern den
Oberschichten auferlegte, hatte er sich mächtige Feinde gemacht. Die Fürsten
fühlten sich nicht nur gedemütigt, sondern sahen durch die abgetauchten
Eigenleute auch ihre Felle davon schwimmen. Aber auch ranghohen
Kirchenvertretern war die neue Praxis ein Dorn im Auge. Bischof Dietrich III.
von Münster zum Beispiel drohte Flüchtigen gar mit der Exkommunikation – eine
im zeithistorischen Kontext drakonische Strafandrohung. Der Flüchtling
durchbreche mit seiner Freveltat die ihm verordneten Standesschranken der
Unfreiheit, lautete die Begründung.[32] Der
Groll des Hochadels und des gehobenen Klerus veranlasste Kaiser Friedrich II.
im Jahr 1232 im Rahmen des sogenannten »Statutum
in favorem principum« schliesslich dazu, den Fürsten ein Privileg zu
bestätigen, welches unter anderem die Aufnahme Unfreier in den Städten unter
Verbot stellte.[33]
Dieses Verdikt war ein herber Einschnitt in die Binnenmobilität des hohen
Mittelalters und hatte eine Bremswirkung auf die soziale Durchmischung.
Neben der
stadtbürgerlichen Freiheit verwirklicht die mittelalterliche Stadt auch
weitgehende Gleichheit vor dem Gesetz. Gewillkürtes Recht wurde durch
vereinbartes und rationalisiertes Recht ersetzt. Die Rationalität und
Rechenhaftigkeit des römischen Rechts bot eine ideale Grundlage für die
kaufmännisch geprägte Stadtumgebung. Dennoch war die Gleichheit nicht in allen
Bereichen gleichmässig fortgeschritten – eine Gleichheit in der Ausübung der
politischen Rechte fehlte. Die politischen Entscheidungsträger entstammten
zumeist einer Riege wohlhabender Familien, innerhalb deren der exklusive Status
des »Ratsbürgers« patrilinear weitervererbt wurde.[34]
Politisch »frei« war der Stadtbewohner folglich in einem zweifachen Sinne: Erstens durch die Schutzwirkung des städtischen Rechts, das ihn darüber hinaus auch davor schützte, vor ein fremdes Landesgericht gestellt zu werden. Und zweitens in seiner Eigenschaft als Angehöriger einer weitgehend souveränen communitas.
Zusammenfassend lässt
sich sagen, dass der Stadtbewohner gerade im Vergleich mit der Landbevölkerung
durchaus Grund hatte, sich »frei« zu fühlen. »Frei« von leibrechtlichen
Bindungen und vor rechtlicher Willkür. Dennoch war auch die Stadt kein
herrschaftsfreier Raum, sondern war mit unsichtbaren Schranken versehen und in
gesellschaftliche Hierarchien gegliedert. In der Stadt zu wohnen war noch lange
keine Garantie für ein gutes Leben, auch wenn die Chancen darauf durchaus
gegeben waren. Gerade die aus Landregionen entflohenen Bauern hatten eine
gewisse Prädisposition dafür, in die städtische Unterschicht abzugleiten. Besonders
begehrt war deshalb der Bürgerstatus, durch den man zu einem geachteten
Mitglied der Stadtgemeinschaft hochstieg und in den vollen Genuss der
Bürgerrechte kam. Im nachfolgenden Kapitel geht es um die Kommunalbewegung, die
neben der Schaffung des Zensualenstatus die bedeutsamste freiheitliche Neuerung
des Mittelalters darstellt.
6.
Die Stadtkommune als sozialer Schmelztiegel und Wiege des Bürgertums
Im ersten inhaltlichen
Kapitel wurde auf die Bedeutung und Wirkung des Zensualenrechts auf die
hochmittelalterliche Gesellschaft eingegangen. Wie sich zeigte, hat diese
Neuerung einen tiefgreifenden
Veränderungsprozess im sozialen Gefüge der mittelalterlichen Gesellschaft angestossen.
Die Binnenmigration in die Städte, nicht nur als Zufluchtsorte vor
Willkürherrschaft und wirtschaftlicher Misere, sondern auch als Sehnsuchtsorte
nach persönlicher Freiheit und sozialem Aufstieg, stellt
entwicklungsgeschichtlich und kausalanalytisch rückblickend einer der bedeutsamsten
Faktoren der europäischen Freiheits- und in einem weiteren Sinne auch
Demokratiegeschichte dar. Doch ein für die Entwicklung gleichermassen
belangvoller Aspekt wurde noch nicht angesprochen: Der Prozess der
Kommunalbildung.
Kristallisationspunkt der
städtischen Autonomie und damit auch der Stadtfreiheit in den alten
Bischofsstädten war die durch königliche Übertragung errungene Gerichtsbarkeit
(iudicium civitatis). Sie war ein
Zugeständnis zu partieller Unabhängigkeit und attestierte ein Recht auf
gemeinschaftliche Selbstbestimmung.[35]
Diese Autonomie bildete den Nährboden, auf dem die Stadtfreiheit gedeihen konnte.
In der Anfangsphase des
Stadtwerdungsprozesses (Stadt im Sinne eines Rechtsverbandes) um 1100 herrschten
in der Stadt weitgehend noch die gleichen feudalen Herrschaftsverhältnisse wie auf
dem Land. Die Differenzierung der städtischen Rechtssysteme und die damit
einhergehende Aufhebung der altständischen Gesellschaft waren nicht die Folgen
eines historischen Knalls, eines «revolutionäre[n] Einbruch[s]
in die damalige Ordnung»[36],
sondern das Resultat einer über mehrere Etappen und mit sehr unterschiedlichen Tempi
und Intensitäten erfolgenden Entwicklung. Dieser Emanzipationsprozess
erstreckte sich über einen Zeitraum von etwa 150 Jahren bis 1250.[37]
Doch nicht nur
zwischen Stadt und Reich kam es zu einem Ringen um mehr Autonomie, sondern auch
innerhalb der Stadt selber. Die Freiheiten wurden in den meisten Fällen nicht bedingungslos
von den Stadtherren gewährt (obschon diese vielfach einen mindestens so grossen
Nutzen daraus zogen), sondern mussten in kommunalen Aufstandsbewegungen nach
oben erkämpft werden.[38] Dieses
innerstädtische Autonomiestreben schweisste die Bewohner über die
Standesschranken hinweg zusammen und zog die Verselbstständigung der
Bewohnerschaft gegenüber dem Stadtherrn nach sich.[39] Es
konsolidierte sich so etwas wie ein politisches Selbstbewusstsein der
Stadtgemeinde, das die politische Hoheit der Stadtherrschaft zunehmend infrage
stellte. Diese Verbrüderung der nunmehr selbstbewusst auftretenden Stadtbevölkerung
schwächte die superiore Position des Stadtherrn. Dieser konnte das latente,
revolutionäre Potenzial minimieren, indem er den Bewohnern vorsorglich
Freiheitsrechte in Form von Privilegien zugestand. Dabei waren die Privilegien
nicht an Personen gerichtet, sondern an die Stadtbevölkerung als Kollektiv.
Diese Form der kollektiven Privilegierung hatte den Effekt, dass auch
randständige Gruppen zu Nutzniessern der Rechtsaufwertung wurden. Dadurch hatte
sich ihr Status verbessert und Standesunterschiede wurden bis zu einem gewissen
Grad nivelliert.
Eine in diesem
Zusammenhang bedeutungsvolle Rolle fällt den sogenannten Schwurverbänden zu
(auch »Eidgenossenschaften« oder »coniurationes«
genannt). Sie bildeten jene sozialen Organisationseinheiten, in denen die angestammte
Bevölkerung und die Zugezogenen zusammenfanden und sich berufsständisch schichteten.
Es konstituierte sich eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Gilden, Zünfte,
Bruderschaften und anderen Korporationen und sozialen Gemeinschaften mit
besonderen Rechten.[40]
Nicht mehr die soziale Herkunft war massgebend,
sondern die berufsständische Zugehörigkeit:
«Die Stadt ist […] ein Bereich eines gesteigerten Erwerbsstrebens, von
Leistungsstreben und Leistungserfolg, beruflicher und sozialer Differenzierung
und Mobilität, einer bestimmten Form nichtfeudaler Vergesellschaftung,
überwiegend berufsständischer Schichtung. Es gibt Reichtum in der Stadt, vor
allem auch solchen, der für die Zeitgenossen in irritierend und verdächtig
kurzer Zeit im Handel durch Einsatz von Kapital erworben wurde.»[41]
Daraus entstand jedoch
noch kein einheitliches und gleichberechtigtes Bürgertum. Die Gemeinsamkeiten
schufen sich eher durch den gemeinsamen städtischen Lebensraum als durch
soziale Gerechtigkeit.[42]
Im Mittelalter
prävalierten aristokratische und oligarchische Herrschaftsformen in der Stadt,
aber an der Basis formte sich ein weit verzweigtes Netzwerk aus
unterschiedlichen korporativen Gruppen; eine Bürgerschicht mit enormer Lust
nicht nur auf politische Freiheiten, sondern auch auf politische Teilhabe. In
mehreren Schüben führten solche auf politische Partizipation ausgerichteten
Bürgerbewegungen zu immer mehr Mitsprache am Stadtregiment und gipfelte, wenn
auch viel später, in die weitgehende Übernahme der Stadtverwaltung durch die
Bürgerschaft, die zur Grundlage der staatsbürgerlichen Freiheit geworden ist.[43]
Wichtige, die Stadtgemeinschaft unifizierende Institutionen waren stadteigene
Gremien wie Stadt- und Bürgerräte, durch die Teile der Stadtbevölkerung an den
politischen Entscheidungsprozessen partizipieren und Anliegen der breiten
Stadtbevölkerung Gehör verschaffen konnten.
Dieser
Wandlungsprozess mit der Bürgergemeinde als Resultat hat nicht nur die
Spannweite persönlicher und überpersönlicher Freiheiten vergrössert, sondern
auch eine soziale Verschiebung des Freiheitsrahmens nach sich gezogen. Der Gegensatz
Bürger-Nichtbürger wurde zum massgeblichsten sozialen Distinktionskriterium. Denn
man muss beachten, dass die Stadtbewohner Freiheit eben vornehmlich als
geschworene Mitglieder des Bürgerverbands erreichen konnten.
Abschliessend sei nochmals
hervorgehoben, dass die Mehrzahl der Bewohner ohne Bürgerrecht nur in einem
sehr beschränkten Rahmen – oder im Falle von Randständigen: gar nicht – an der
städtischen beziehungsweise stadtbürgerlichen Freiheit teilnehmen konnten.[44]
Die Freiheit und ihre rechtlichen Ermöglichungsbedingungen haben sich, und das
ist eine wichtige Erkenntnis, in der mittelalterlichen Stadt in einem
egalitären, statusübergreifenden Sinne folglich nie vollständig durchgesetzt.
Es gab immer eine grosse Minderheit an Ungehörten, Rechtlosen und Verfemten,
die irgendwie da waren, aber stumm blieben.
7.
Fazit
Im Zentrum der Arbeit
stand die Frage nach der »Wirklichkeit« von Freiheit in der mittelalterlichen
Gesellschaft und dem historischen Zusammenhang zwischen Stadt und Freiheit. Es
hat sich gezeigt, dass sich »Freiheitsmöglichkeiten« besonders in der
frühmittelalterlichen Phase nur in einem sehr begrenzten Rahmen ergaben. Das
Gros der Bewohner war in erdrückende Abhängigkeitsverhältnisse eingebunden, die
sie zu hohen Abgaben in Form von Fronden, Naturalien und später auch
Geldzahlungen zwangen. Zudem waren sie an die Scholle gebunden und in ihren
Entscheidungsfreiheiten stark eingeschränkt: Wer man war, was man tat und sogar
wen man heiratete, darüber bestimmte der Grundherr. Das frühmittelalterliche
Leben war also geprägt von Fremdbestimmung und prekären Lebensverhältnissen.
Freiheiten gab es nur in Form von Privilegien und waren meist personengebunden
(seltener wurde eine ganze Gruppe kollektiv privilegiert).
Eine nennenswerte
Veränderung brachte erst das Zensualenrecht als Zwischenform zwischen
Unfreiheit und Freiheit. In diesen neu geschaffenen Rechtsstatus konnten sich
auch hörige Bauern gegen einen gewissen Geldbetrag einkaufen. Der neue Status modulierte
das leibrechtliche Band zwischen dem Hörigen und seinem Grundherr dergestalt,
dass der unfreie Bauer fortan keine Frondienste mehr zu verrichten hatte und
frei über Arbeit und Wohnsitz verfügen konnte. Zudem wurde er von erb- und
eherechtlichen Bürden weitgehend befreit. Im Gegenzug musste er an den Herrn
alljährlich einen Kopfzins entrichten. Im Grunde war es eine Kommerzialisierung
des Bezugsverhältnisses zwischen Bauer und Herr: Der Bauer war zwar weitgehend
ungebunden, musste seine Absenz dem Herrn gegenüber jedoch finanziell
(über-)kompensieren.
Die Zensualität
entfesselte einen Binnenmigration vom Land in die Städte. Denn dort lockten
gute wirtschaftliche Verhältnisse und ein freiheitliches Rechtsklima. Der
Landadel beobachtete diesen Prozess mit Argwohn. Denn vereinzelt entflohen
Hörige in der Hoffnung auf ein besser Leben und tauchten im Gewühl der Stadt
unter. Das führte unausweichlich zu Spannungen zwischen Stadt und Land und
gefährdete den Stadtfrieden. Die Städte lösten diese Schwierigkeit, indem sie
die Beweislast dem Kläger auferlegten. Versäumte dieser die Klagefrist von
einem Jahr und Tag, so galt die Vermutung der Freiheit des Ankömmlings.
Nicht nur die
gesamtgesellschaftlichen Verhältnisse, sondern auch die Stadt selber hat sich
in ihrem Kern gewandelt. Fernhandel und Gewerbe blühten regelrecht auf. Es
wurde gebaut, neue Handwerksberufe geschaffen und das kulturelle Angebot
kontinuierlich erweitert. Das Rechtssystem wurde laufend revidiert und so
ausgestaltet, dass es der wirtschaftlichen Entwicklung zudient. In der Stadt
keimten neue funktionale Organisationsformen, sogenannte Korporationen, auf. In
ihnen schichteten sich die Stadtbewohner vorwiegend nach berufsständischer
Zugehörigkeit, was die Bedeutung der Standeszugehörigkeit als soziales
Distinktionsmerkmal schmälerte. Die Korporationen förderten innerhalb der
Stadtkommune den Genossenschaftsgedanken und konsolidierten so das städtische
Selbstbewusstsein. Bald forderten die Bürger die Teilnahme am politischen
Regiment und traten schliesslich an die Stelle der alten Stadtherrschaft.
Obschon die Stadt ein
Inseldasein in einer feudal-agrarisch dominierten Umgebung fristete und mit
ihrem süssen Freiheitsduft Menschen von weither anlockte, gab es auch dort
Barrieren ganz verschiedener Art. So hatten es gerade hörige Bauern oft schwer,
in der Stadt Fuss zu fassen und sich persönlich zu verwirklichen. Denn in den
Genuss der Stadtrechte und -freiheiten
kamen nur die geschworenen Bürger. Doch die Eintrittshürden in diesen
Rechtsstatus waren hoch: Erstens konnte man ihn nur erblich oder käuflich (für
grosse Summen) akquirieren und zweitens musste man über eine städtische
Immobilie verfügen. Für die meisten Zuzüger blieb der Aufstieg in den
Bürgerstand also ein frommer Wunsch.
Es lässt sich das
Fazit ziehen, dass die Triade Stadt, Recht und Freiheit in der Tat in einem
sehr engen historischen Zusammenhang stehen. Städte waren und sind Motoren des
Fortschritts. In ihnen formte sich eine aktive und initiative
Zivilgesellschaft, die mit hierarchischen und altständischen Regeln brach und
durch einen egalitären Genossenschaftsgedanken ersetzte. Ohne sie wäre der
Aufbruch zur Moderne in seiner historischen Kraft und Nachhaltigkeit wohl nicht
denkbar gewesen. Abschliessen möchte ich mit einem Zitat aus dem für diese
Arbeit so wertvollen Werk Eberhard Isenmanns. Im
zitierten Ausschnitt knüpft er an Max Webers grossen Konzeption der
okzidentalen Moderne an.
«Dank ihrer politischen Selbständigkeit war die Stadt in der
Lage, wirtschaftliches Handeln durch Rechtsgarantien sicher und berechenbar zu
machen. Dazu gehörten ein Prozessverfahren, das magische und irrationale
Beweismittel ausschloss, und eine nunmehr rationale Art der
Rechtsformalisierung durch die Rezeption des römischen Rechts vor allem seit
dem ausgehenden 15. Jahrhundert. Jenseits des Zusammenhangs zwischen
wirtschaftlicher und rechtlicher Entwicklung bereitete die mittelalterliche
Stadtverfassung mit bürgerlicher Rechtsgleichheit, Wahlrecht und politischer
Mitsprache den Boden für den modernen Begriff des Staatsbürgers.»[45]
Da sich die Arbeit auf
die Städte im deutschen Raum beschränkte, lassen sich die gewonnen Erkenntnisse
auch nicht pauschalisieren. Es wäre indes äusserst interessant herauszufinden
und bietet sich allenfalls als Forschungsgegenstand weiterführender Arbeiten
an, ob sich in anderen Regionen Europas ähnliche Entwicklungen zu ähnlichen
Zeitpunkten beobachten lassen oder ob es sich hierbei um einen deutschen
»Sonderfall« handelt. Und falls sich tatsächlich unterschiedliche
Entwicklungsmuster andeuten: Welche Faktoren haben den Urbanisierungsprozess
und die Freiheitsentwicklung andernorts moderiert und welche
gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Partikularitäten liegen
ihnen zugrunde?
8.
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[1] Isenmann, Die deutsche Stadt im Mittelalter, S. 26.
[2] Vgl. Boockmann, Einführung in die Geschichte des Mittelalters, S.
48.
[3] Vgl. Jörn et al., Das Ringen um die Freiheit in der
mittelalterlichen Stadt, S. 162.
[4] Vgl. Böckenförde, Rechts- und Staatsphilosophie, S. 182.
[5] In den Bauernaufständen des
Spätmittelalters wurde darauf vermehrt Bezug genommen. Etwa mit der spöttischen
Frage: «Als Adam grub und Eva spann, wo war da der Edelmann?» Nennenswert ist
in diesem Zusammenhang die Feststellung: «Der Gedanke an den Erlösertod und die
Gleichheit aller Menschen, die sich aus ihrer Gottesebenbildlichkeit ergibt,
war […] in der Vormoderne die tragfähigste
ideologische Grundlage für die Emanzipationsbewegungen, die zur Verfügung
stand.» Rexroth, Mittelalterliche Bedingungen moderner Freiheitskonzepte, S.
27.
[6] Vgl. Graus, »Freiheit« als soziale
Forderung, S. 412-415.
[7] Vgl. Diestelkamp,
»Freiheit der Bürger – Freiheit der Stadt«, S. 495.
[8] Vgl. Jörn et al., Das Ringen um die Freiheit in der
mittelalterlichen Stadt, S. 165.
[9] Vgl. Clavadetscher, Freiheit und Freiheiten im Mittelalter, S. 4f.
[10] Ein Beispiel liefert die Verschwörung (fortissima coniuratio) der Utrechter Ministerialen und dem Bischof
im Jahr 1159. Vgl. hierzu Ennen, Die europäische Stadt des Mittelalters, S.
117.
[11] Vgl. Blickle, Von der Leibeigenschaft zu den Menschenrechten, S.
39f.
[12] Vgl. Schultz, Von der familia zur Stadtgemeinde, S. 462.
[13] Vgl. Ennen, Die europäische Stadt des Mittelalters, S. 117.
[14] So etwa im Hundertjährigen Krieg. Vgl. Clavadetscher, Freiheit und
Freiheiten im Mittelalter, S. 7.
[15] Vgl. Roeck, Der Morgen der Welt, S. 202.
[16] Vgl. Schultz, Von der
familia zur Stadtgemeinde, S. 484 und ferner Diestelkamp, »Freiheit der Bürger
– Freiheit der Stadt«, S. 495f.
[17] Isenmann, Die deutsche Stadt im Mittelalter, S. 27.
[18] Vgl. Hähnchen, Rechtsgeschichte, S. 139.
[19] Aus diesem Grund hat sich ein relativ strenges Stadtrecht
entwickelt, das den Störenfrieden der öffentlichen Ruhe und Ordnung harte
Strafen auferlegte. Das reichte bis zur Hauszerstörung als symbolischer Akt des
Ausstosses aus der Gemeinschaft. Vgl. hierzu Ennen, Die europäische Stadt des
Mittelalters, S. 123.
[20] Vgl. Carsten, Die Entstehung des Junkertums, S. 68.
[21] Tatsächlich war der direkte Übergang vom Grundrecht in das
freiheitliche Stadtrecht keineswegs der Normalfall. Typischer waren die
vielfach belegten Umwege. In Regensburg beispielsweise galt eine
Zehnjahresfrist.
[22] Vgl. dazu etwa Frenz, Gleichheitsdenken in deutschen Städten des
12. bis 15. Jahrhunderts, S. 19.
[23] Ennen, Die europäische Stadt des Mittelalters, S. 118.
[24] Vgl. Haase, Die Stadt des Mittelalters: Recht und Verfassung, S.
198f.
[25] Ebd., S. 202.
[26] Ebd., S. 199f.
[27] Vgl. Diestelkamp,
»Freiheit der Bürger – Freiheit der Stadt«, S. 504.
[28] Ebd., S. 508.
[29] Vgl. Jörn et al., Das Ringen um die Freiheit in der
mittelalterlichen Stadt, S.162-165.
[30] Boockmann, Einführung in die Geschichte des Mittelalters, S.46.
[31] Der königlichen Intervention ging ein Disput zwischen »seinen«
Städten und Adligen desselben Landes über deren Eigenleute voraus. In seinem
Urteil heisst es: «Wenn eine Person, die einem Edlen oder Ministerialen
leibeigen ist, in unsere Städte zieht, um sich dort niederzulassen, und ihr
Herr sie zurückfordern will, so muß der Herr mit sieben Verwandten mütterlicherseits […] beweisen,
daß der Mann
ihm zu Eigentumsrecht gehöre. Wenn aber der Herr die Verwandten oder
Angehörigen aus irgendeinem Grund nicht beibringen kann, so möge er unter
Beiziehung zweier geeigneter Zeugen aus der Nachbarschaft, aus der der
entlaufene Mann stammt, beweisen, daß er jenen, bevor er in unsere Städte gezogen ist, zu
Eigentumsrecht in ungestörtem Besitz hatte, und darüber hinaus soll er das mit
sieben Eideshelfern seines Standes unter Handauflegen auf Reliquien von
Heiligen beweisen; so soll ihm sein Mann zurückgegeben werden.» Aus Epperlein,
Bäuerliches Leben im Mittelalter, S. 156.
[32] Vgl. ebd., S. 155.
[33] Vgl. Roeck, Der Morgen der Welt, S. 243.
[34] Vgl. Ennen, Die europäische Stadt des Mittelalters, S.119 und
Boockmann, Einführung in die Geschichte des Mittelalters, S. 48f.
[35] Vgl. Orth, Von der familia zur Stadtgemeinde, S. 437f.
[36] Strahm, Mittelalterliche Stadtfreiheit, S. 85.
[37] Vgl. Schultz, Von der familia zur Stadtgemeinde, S. 461.
[38] Neugründungen indes wurden vielfach vom Stadtherrn sofort mit
Freiheiten als eine Art privilegialer Ansiedlungsprämie ausgestattet. Vgl.
Isenmann, Die Deutsche Stadt im Mittelalter, S. 28 und ferner Orth, Von der
familia zur Stadtgemeinde, S. 460.
[39] Vgl. Diestelkamp,
»Freiheit der Bürger – Freiheit der Stadt«, S. 499.
[40] In diesem Zusammenhang ist die Kaufmannsgilde speziell zu erwähnen,
die in ihrer Bedeutung und ihrem Einfluss anderen Gilden übergeordnet war.
Daneben gab es auch Handwerkerzünfte, Gesellengilden, Schützengilden und
zahlreiche laikal-religiöse Bruderschaften. Vgl. Ennen, Die europäische Stadt
des Mittelalters, S. 120f., Roeck, Der Morgen der Welt, S. 243 und Isenmann,
Die deutsche Stadt im Mittelalter, S. 28.
[41] Ebd., S. 28.
[42] Vgl. Klose/Ladewig, Freiheit im Mittelalter am Beispiel der Stadt,
S. 162.
[43] Vgl. ebd., S. 165f.
[44] Vgl. Zeilinger, Grenzen der Freiheit, S. 141f.
[45] Isenmann, Die deutsche Stadt im Mittelalter, S. 37.